Funktionäre: Mehr Frauen und Junge für die Gremien

24.11.2014

Mehr als hundert steirische Raiffeisen-Funktionäre machten sich Mitte Oktober Gedanken über die künftige Rolle ehrenamtlicher Genossenschaftsvertreter. Zu diesem Zweck wurde die Funktionärsplattform des Raiffeisenverbandes Steiermark erstmals zweitägig in Loipersdorf abgehalten.

Die zukünftige Bedeutung und die Zusammensetzung der Funktionärsgremien sowie die damit verbundenen Werte standen unter dem Motto "Die Rolle des Funktionärs im 21. Jahrhundert" im Mittelpunkt der Funktionärsplattform am 17. und 18. Oktober im Hotel Loipersdorf Spa & Conference. Dabei wurden auch die wirtschaftlichen Entwicklungen in Österreich und Europa nicht außer Acht gelassen.

Wenig erbauliche Zahlen präsentierte Verbandsdirektor Heinrich Herunter eingangs: Obwohl die Quote ständig steigt und man in einem bundesweiten Vergleich im Vorderfeld liegt, sind unter den rund 900 Funktionären im Bankenbereich bloß elf Prozent weiblich. Und nur eine Hand voll ist derzeit jünger als 30 Jahre. Mit 41 Prozent ist der größte Teil der Funktionäre zwischen 51 und 60 Jahre alt. Obwohl der Anteil zuletzt stark zurückgegangen ist, stellen die Land- und Forstwirte mit gut einem Viertel aller Funktionäre die am besten vertretene Berufsgruppe in den Gremien vor den Gewerbetreibenden dar. Stark zugelegt hat der relative Anteil an leitenden Angestellten. Generell nimmt die Zahl der Funktionäre unter anderem aufgrund von Verschmelzungen allerdings kontinuierlich ab.

Mitgestalten dürfen

Dass eine hohe Frauenquote in den Gremien positive Effekte hat, zeigte die Unternehmensberaterin und Veranstaltungsmoderatorin Sabine Pelzmann auf. „Mehr Frauen in Führungsteams führen zu weniger riskanten Entscheidungen und einem besseren Umgangsverhalten. Daher sind gemischt geführte Unternehmen zumeist wirtschaftlich erfolgreicher.“ Die Bereitschaft der Jugend mitarbeiten zu wollen, unterstrich Landjugend-Landesleiterin Bettina Hofer. Sie bemängelte, dass man den Jungen generell zu wenig zutraue. „Der jungen Generation muss die Chance eingeräumt werden, aktiv mitgestalten zu können. Wenn man für das Funktionärsamt als Frau oder Jugendlicher bloß angesprochen wird, um eine Quote zu erfüllen, interessiert es keinen.“

Frauen unterstützen

Obmann-Stellvertreterin Claudia Fösleitner von der Raiffeisenbank Trieben und der Aufsichtsratsvorsitzende der Raiffeisenbank Weiz-Anger Johann Schaffler stellten die wesentlichen Erfolgsgeheimnisse ihrer Genossenschaften für ausgewogene Gremien und einen hohen Frauenanteil dar: familien- und berufsfreundliche Sitzungstermine und vor allem die Unterstützung der anderen Mitglieder. Aus weiblicher Sicht sei es auch ganz wesentlich, nicht die einzige in der Gruppe zu sein, sondern sich mit anderen Frauen abstimmen zu können. Schaffler betonte: „Die schwierigste Aufgabe ist aber, für eine regelmäßig Erneuerung der Gremien zu sorgen und langjährige Funktionäre zu bewegen, ihr Amt zugunsten jüngerer zur Verfügung zustellen.“

Hauptberuflicher Vorstand

Die Chancen und Herausforderungen eines hauptberuflichen Vorstandes für Kreditgenossenschaften erläuterte Verbandsdirektor-Stellvertreter Hans Siebenbäck. Der Rechtsexperte betonte, dass es aus rechtlicher Sicht keine klaren Präferenzen für das Modell eines hauptberuflichen oder ehrenamtlichen Vorstandes gebe, der Erfolg oder Misserfolg der beiden Systeme letztendlich im Wesentlichen von den handelnden Personen abhänge. Mit der rechtlichen Gremienstruktur beschäftigten sich auch die zahlreichen Wortmeldungen der Teilnehmer in der Diskussionsrunde, die im Anschluss an die Veranstaltung im gemütlichen Teil munter weitergeführt wurde.

Im Team erfolgreich

In einem Kamingespräch stellte sich Generalanwalt-Stellvertreter und Bauernbund-Präsident Jakob Auer den Fragen der Teilnehmer. Seine Botschaften: Die Funktionäre müssen mit ganzem Herzen bei der Sache sein, gesunden Menschenverstand mitbringen, Bereitschaft zur Weiterbildung zeigen, sich mit der Genossenschaft identifizieren und Werte vermitteln können. Den entscheidenden Vorteil als Gremium erzielt man aber durch Teamgeist und ein Wir-Gefühl.

Wirtschaft und Werte sind eng verknüpft

Wie nahe Werte, Unternehmensführung und eine nachhaltige öffentliche Haushaltspolitik bei einander liegen, demonstrierten die Referenten des zweiten Tages: Der Prälat des Stiftes Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn, brachte den Teilnehmern die aus seiner Sicht notwendigen Werte für ein erfolgreiches Wirtschaften näher. Auch der Zeitgeist und das heutige Medienverhalten blieben dabei nicht unangetastet. Völlig kalt ließen den Probst dabei die vor seinem Vortrag aufgetretenen tontechnischen Probleme: Er stellte sich kurzer Hand mitten in den Saal und sprach zum Teilnehmervolk.

Die von Fürnsinn vermittelten Inhalte übernahm die Budgetexpertin des WIFO, Margit Schratzenstaller, direkt: Sie plädierte für ein "nachhaltiges" Abgabensystem. In dessen Eckpunkten müsse es ökologisch verträglich, beschäftigungs- und gleichstellungsförderlich, verteilungsbewusst, aber vor allem einfach und transparent sein. "Zusätzliche Budgetspielräume erfordern Strukturreformen. Der zentrale Hebel dazu ist eine rasche Föderalismusreform. Dafür braucht es einen mittelfristigen Stufenplan und eine grundlegende Aufgaben- und Ausgabendiskussion", so Schratzenstaller.