Karas: „Europa ist ein gelebter Genossenschaftsverband!“

19.11.2018

Zum Abschluss des Raiffeisen-Jubiläumsjahres diskutierten mehr als hundert steirische Genossenschaftsfunktionäre bei der Funktionärsplattform zwei Tage lang in Bad Radkersburg mit hochkarätigen Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, um sich fit für die Zukunft zu halten.

Ein volles Haus mit mehr als hundert Teilnehmern bescherte den Veranstaltern vom Raiffeisenverband Steiermark die zweitägige Funktionärsplattform am 9. und 10. November im Congresszentrum Zehnerhaus in Bad Radkersburg. Durch das attraktive, abwechslungsreiche Programm unter dem Motto "Stark und fit für die Zukunft! führte ORF-Lady Bettina Zajac.

Zu Beginn der Veranstaltung stimmte gleich der EU-Abgeordnete Othmar Karas, direkt aus Brüssel in die Südoststeiermark gereist, auf die im Mai bevorstehenden EU-Wahlen ein. Dabei zeichnete er angesichts der Brexit-Problematik und der zahlreichen heißen europäischen Verhandlungseisen ein klares Bild der Prozesse innerhalb der Staatengemeinschaft: Es brauche die Bereitschaft aller Staaten aufeinander zuzugehen. Die dabei erzielten Kompromisse müssten auch erklärt werden, um die Bevölkerung nicht für das Thema Europa zu verlieren. In allen Fragen müsse Europa vor allem gemeinsam auftreten, so der allseits anerkannte Politiker.

Innereuropäische Solidaritätsmaßnahmen

In der Debatte um das geplante Budgetdefizit des Nachbarlandes Italien sprach sich der frühere Vizepräsident des EU-Parlamentes für innereuropäische Solidaritätsmaßnahmen, an die sich alle Mitglieder halten müssten, aus. Dabei zog Karas einen positiven Rechtsform-Vergleich: "Europa ist eine gelebte Genossenschaft! Es funktioniert wie ein Genossenschaftsverband."

Neue Fit-&-Proper-Kriterien

Ein persönliches Fitnessprogramm für die Zukunft verordnete der Bankenrechtsexperte des Raiffeisenverbandes Steiermark, Dieter Edelsbrunner, den anwesenden Giebelkreuz-Funktionären mit der Erläuterung der neuen Fit-&-Proper-Kriterien für Funktionäre durch die Aufsichtsbehörde.

Gemütlicher Kamin-Talk

Für eine Rückschau auf das Raiffeisen-Jubiläumsjahr stand zu später Stunde im gemütlichen Ambiente des Radkersburger Hotels im Park ÖRV-Generalsekretär Andreas Pangl zur Verfügung. Wie schon Karas ging Pangl auf europäische Entwicklung im Bankenbereich ein, ließ hinter die Kulissen der bevorstehenden Steuer- und Aufsichtsrechtsreform blicken und ging auf die zahlreichen Fragen der Funktionäre ein.

Lebhafter Start in den Vormittag

Zu lebhaften Diskussion und Szenenapplaus statt Morgenmüdigkeit führte eine hochkarätige Gesprächsrunde am Samstag-Vormittag, zu der Bettina Zajac Landwirtschaftskammer-Vizepräsidentin Maria Pein, Industriellenvereinigung-Präsident Georg Knill und Wirtschaftskammer-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg begrüßen konnte. Dabei wurde durchaus heiß und gegensätzlich mit dem Publikum über Fragen der Arbeitszeitflexibilisierung und mögliche Streiks debattiert. Von allen Seiten unterstrichen wurde die Bedeutung der Sozialpartnerschaft und die Notwendigkeit von konstruktiven Gesprächen am Verhandlungstisch.

Klarer Appell für mehr Diversität

Den Finger in die Wunde der anwesenden männlichen Funktionäre legte ÖRV-Funktionärinnenbeiratsmitglied Michaela Stock mit einem klaren Appell. In Zeiten wie diesen dürfe es nicht mehr sein, dass jede zehnte steirische Raiffeisenbank noch immer keine weiblichen Funktionäre aufgenommen habe, so die Obfrau der Raiffeisenbank Graz-St. Peter. Mit umfangreichen Maßnahmen soll dem Ziel, bis 2025 einen Frauenanteil von 25 % statt bisher 14,8 % auszuweisen, näher gekommen werden.

Künstliche Intelligenz wird Zukunft dominieren

Einen Ausblick auf den rasanten digitalen Wandel zeichnete zum Abschluss die gefragte Schweizer Technologieexpertin Sita Mazumder: "Künstliche Intelligenzen werden in wenigen Jahren dem Menschen ebenbürtig und schon bald danach überlegen sein. Verantwortungsvoll eingesetzt, werden diese in vielen Bereichen eine große Hilfe sein." Sie seien gemäß Mazumder auch die primäre Antwort auf Cyberkriminalität. Gerade Banken hätten sich diesem Problem massiv zu stellen: "Wo Bank draufsteht, muss Sicherheit drin sein!"

Den Teilnehmern riet die Professorin der Hochschule Luzern, sich im Wandlungsprozess allzeit die Frage zu stellen, ob die Kunden in Zukunft noch bereit wären, für ein Produkt Geld auf den Tisch zu legen. Diversität sei auch im Kundengeschäft einer der Schlüssel zum Erfolg, ist Mazumder überzeugt.