Was vom Internationalen Genossenschaftsjahr bleibt

10.10.2013

"Fusionen sind kein Allheilmittel. Man kann auch sinnvoll zusammenarbeiten", sprach sich Gastreferent Hans Münkner bei einer von der Universität Wien organisierten Veranstaltung rückblickend auf das Internationale Jahr der Genossenschaften 2012 gegen zu große Einheiten aus.

Zwölf Monate standen Genossenschaften und ihre Organisationsform im Mittelpunkt des von den Vereinten Nationen zum „Jahr der Genossenschaften“ erklärten Jahr 2012. Welche Signale und Impulse von diesem Aktionsjahr ausgegangen sind und welche Handlungsaufträge für die Zukunft daraus resultieren, um die Unternehmensform der Genossenschaften weiter zu verbreiten, stand Anfang Oktober im Mittelpunkt einer Veranstaltung des Fachbereichs für Genossenschaftswesen der Universität Wien.

Auf Einladung des Fachbereichs blickte Prof. Hans Münkner von der Universität Marburg auf das Jahr der Genossenschaften zurück, in dem nicht nur die XVII. Internationale Genossenschaftliche Tagung in Wien veranstaltet wurde, sondern zahlreiche weitere Tagungen und Konferenzen auf der ganzen Welt. Münkners Fazit: „Wir brauchen eine bessere genossenschaftliche Ausbildung. Und zwar auf allen Ebenen.“ Die wirtschaftliche Ausbildung, insbesondere in den Schulen, basiere immer noch darauf, „wie man im zwanzigsten Jahrhundert Ökonomie betrieben hat. Das ist vielleicht nicht unbedingt so, wie es sein sollte“, so Münkner. Zudem forderte der Professor mehr Transparenz und bessere Methoden der Erfolgsmessung, um die ökonomischen Vorzüge von Genossenschaften untermauern zu können.

Erfolgsgeschichten

Genossenschaften seien die am schnellsten wachsende Unternehmensform, die in Bezug auf Nachhaltigkeit beispielgebend anerkannt sei. Diese Botschaft gelte es noch klarer zu kommunizieren und gleichzeitig das Image der Genossenschaften mit Daten und Fakten zu verbessern. „Viele glauben nach wie vor, dass Genossenschaften nur etwas für Krisen und Nischen sind“, so Münkner. Dabei gebe es durchaus zahlreiche ökonomische Erfolgsgeschichten, die dieses Vorurteil widerlegen würden.

Münkner nannte in diesem Zusammenhang die DATEV, einen erfolgreichen deutschen IT-Dienstleister für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, der genossenschaftlich organisiert sei, seine genossenschaftlichen Wurzeln jedoch „fast schon verstecken“ würde. Genossenschaften hätten die unschätzbare Gabe, sowohl in kleinen, wie auch in großen Maßstäben einsetzbar zu sein und sich je nach aktueller Herausforderung untereinander flexibel vernetzen zu können. „Small in front and big in the back“, zitierte Münkner einen Slogan der niederländischen Rabobank und sprach sich damit gegen Fusionen als Allheilmittel aus. Aus dem Leitsatz „Ein Markt, eine Genossenschaft“ heraus sei es zu immer größeren Einheiten gekommen.

So vereinige die Volksbank Mittelhessen mittlerweile über 160 ursprünglich selbstständige Banken unter einem Dach. „Man kann aber auch ohne Fusion sinnvoll zusammenarbeiten“, gab sich Münkner überzeugt. Zumal bei zu großen Einheiten die Gefahr bestünde, den Kontakt zu den Mitgliedern zu verlieren. Diesen und den damit verbundenen Mehrwert für die Mitglieder gelte es jedoch als genossenschaftliche Stärke zu untermauern.

Interesse wecken

Um vor allem junge Menschen über die Vorteile von Genossenschaften zu informieren, sei der verstärkte Einsatz von neuen Technologien und sozialen Medien unerlässlich. Ziel müsse sein, „das Interesse an genossenschaftlichen Themen bei jüngeren Wissenschaftlern, Lehrern, Politikern, Unternehmern und beim Gesetzgeber zu wecken. „Das ist ein langer und steiniger Weg“, gab sich Münkner realistisch. Ausreichend Gelegenheit zur Bewusstseinsbildung bietet die mit dem Internationalen Jahr der Genossenschaften begonnene „Dekade der Genossenschaften“.