Beim 3. Raiffeisen-Bauwirtschaftsforum am 11. September in Raaba-Grambach stand diesmal die Zukunft der Bau- und Immobilienbranche im Mittelpunkt. Im Fokus: leistbares Wohnen, steigende Baukosten, rechtliche Rahmenbedingungen und nachhaltige Baukonzepte.
Expert:innen aus Bauwirtschaft, Recht, Forschung und Finanzwesen lieferten bei der dritten Auflage des Raiffeisen-Bauwirtschaftsforum spannende Einblicke und Lösungsansätze der Branche, die zuletzt vielen Turbulenzen unterworfen war. Das Forum zeigte einmal mehr, dass die Herausforderungen groß sind – der Wille zur Veränderung jedoch ebenso. Aufgrund der vielen hochkarätigen Referent:innen war des Interesse an der Veranstaltung besonders groß. So tummelten sich viele Vertreter:innen von Raiffeisen-Genossenschaften und Branchenkenner im bestens besetzten Auditorium in der Raiffeisen-Landesbank Steiermark in Raaba-Grambach.
„Wir sind das Sorgenkind, aber nicht das einzige“
Den Auftakt machte Gernot Wagner, Geschäftsführer der Porr Bau GmbH, mit einem Impulsvortrag zum Thema „Baukostenerhöhungen und ihre Auswirkungen“. Wagner zeichnete ein realistisches, aber lösungsorientiertes Bild der aktuellen Lage. Die Ursachen für steigende Baukosten seien vielfältig – von hohen Regulierungen und langen Genehmigungsprozessen bis hin zu komplexen Auflagen und zögerlichen politischen Entscheidungen. Als Ausweg präsentierte er das Konzept des Systembaus: Standardisierte, modulare Bauweisen könnten Bauzeiten verkürzen, Prozesse effizienter gestalten und Kosten deutlich senken – ohne auf Qualität zu verzichten. Ziel sei es, den Quadratmeterpreis spürbar zu reduzieren und leistbares Wohnen wieder zu ermöglichen. „Wir können Wohnungen schaffen, die unter 3.000 Euro pro Quadratmeter kosten – und das in weniger als einem Jahr Bauzeit“, erklärte Wagner. Damit könne die Bauwirtschaft, so seine Überzeugung, wieder „Teil der Lösung“ werden.
Rechtliche Stolpersteine zwischen Mietzins und Leistbarkeit
Im Anschluss beleuchtete Klaus Pfeiffer, Rechtsanwalt und Partner bei Weber & Co., die juristische Perspektive. Unter dem Titel „Immobilientransaktionen im Lichte der aktuellen Judikatur“ analysierte er die rechtlichen Rahmenbedingungen für Investitionen, Mietrecht und Bauträgerverträge. Pfeiffer machte deutlich, dass auch die Gesetzgebung selbst zum Kostentreiber geworden sei. Starre Strukturen, komplexe Vorgaben und widersprüchliche Regelungen erschwerten leistbares Wohnen zusätzlich. Besonders die fehlende rechtliche Definition von „Leistbarkeit“ führe zu Unsicherheit – sowohl für Investor:innen als auch für Mieter:innen.
Marktdaten und Realität: Ein Blick auf Angebot und Nachfrage
Nach einer kurzen Pause folgte Sarah Bellosits, Head of Research bei der Bauträgerdatenbank Exploreal, mit einem datenbasierten Überblick über die aktuelle Wohnbauaktivität in Österreich. Ihre Analyse zeigte deutlich: Sowohl die Bautätigkeit als auch die Nachfrage nach Neubauwohnungen sind rückläufig. Besonders in den Landeshauptstädten verschärfe sich die Situation, da das Angebot stagniere, während die Leistbarkeit weiter sinke. Die Expertin plädierte dafür, den Wohnbau gezielt durch wirtschaftliche und politische Impulse zu stärken und neue Anreize zu schaffen, um wieder Bewegung in den Markt zu bringen. „Vor allem junge Menschen und Familien benötigen leistbaren Wohnraum – und zwar jetzt, nicht erst in zehn Jahren“, fasste sie zusammen.
Nachhaltigkeit als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor
Ein weiterer Schwerpunkt des Forums lag auf der Zukunft nachhaltigen Bauens. Peter Engert, Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), stellte die europäischen Klimaziele und deren Auswirkungen auf die Branche in den Mittelpunkt. Er machte deutlich, dass Nachhaltigkeit längst zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden ist. Unternehmen, die heute ökologisch und ressourcenschonend bauen, sichern sich nicht nur einen Marktvorteil, sondern auch bessere Finanzierungsmöglichkeiten. „Wer heute nicht nachhaltig baut, wird morgen keine Finanzierung mehr bekommen“, betonte Engert. Nachhaltiges Bauen sei daher nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern wirtschaftlich notwendig.
Finanzierung: Zwischen Risikobewertung und Zukunftsstrategie
Zum Abschluss gab Jörg Waldauer, Bereichsleiter Immobilienprojektfinanzierungen bei der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, Einblicke in die Perspektive der Finanzwelt. Er analysierte die aktuellen Herausforderungen durch steigende Zinsen und strengere Kreditvergaben, zeigte aber auch Chancen auf: Innovative Projekte mit nachhaltigem Fokus würden von Banken zunehmend positiv bewertet. Waldauer betonte, dass sich die klassische Projektfinanzierung im Wandel befinde. Erfolgreiche Modelle basierten heute stärker auf Kooperation, Transparenz und frühzeitiger Risikobewertung. „Dort, wo solide Konzepte und langfristige Strategien vorliegen, sind wir weiterhin starke Partner“, erklärte er.
Veränderung braucht Zusammenarbeit
Das Bauwirtschaftsforum 2025 machte deutlich: Die Bau- und Immobilienbranche steht an einem Wendepunkt. Zwischen Kostendruck, Nachhaltigkeitszielen und rechtlichen Hürden braucht es neue Wege und gemeinsames Denken. Die Vorträge zeigten unterschiedliche, aber ineinandergreifende Perspektiven – vom technischen Zugang über rechtliche Fragestellungen bis hin zu Finanzierung und Nachhaltigkeit. So wurde das Forum nicht nur zu einer Bühne für Fachdialoge, sondern auch zu einem klaren Aufruf an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Verantwortung gemeinsam zu tragen. Oder, wie es ein Teilnehmer zusammenfasste: "Leistbares Wohnen kann gelingen – wenn alle gemeinsam daran bauen."