Genossenschaftsverbände geben verhaltenen Ausblick

10.03.2023

Ende Jänner überbrachten die Präsidenten der europäischen Landwirte- und Genossenschaftsverbände Copa Cogeca mit Sitz in Brüssel ihre Neujahrsgrüße. Der Ausblick auf das Jahr 2023 ist weiterhin von Krisen geprägt.

In den in Brüssel angesiedelten Verbänden ist man Kummer gewohnt. Der Brexit, die Klimakrise und Corona haben den Interessenvertretern in den letzten Jahren so manche harte Nuss zu knacken gegeben. 2022 ist mit dem Ukraine-Krieg eine weitere große Herausforderung für die europäischen Landwirte hinzugekommen. Parallel dazu trat mit Jahreswechsel die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit zahlreichen Änderungen in der grundsätzlichen Struktur der Agrarzahlungen in Kraft. Auch für heuer liegen einige heiße Themen am Tisch.

"Wir erwarten vor der Europawahl 2024 viele neue Gesetze", meinte die Copa-Präsidentin Christiane Lambert, "vieles soll während der schwedischen und der spanischen Ratspräsidentschaft noch abgeschlossen werden." Als Beispiel nannte die Französin die Sustainable-Use-Richtlinie beim Pflanzenschutz in sensiblen Gebieten und die Richtlinie zur Wiederherstellung der Natur, im Rahmen derer Ökosysteme wieder in ihren ursprünglichen Zustand rückgeführt werden sollen. Die bäuerliche Lobby warnt bei diesen Großprojekten vor den Folgen für die Ernährungssicherheit in Europa. Kontroversiell diskutiert wird auch die Industrieemissionsrichtlinie, die Stallungen ab einer gewissen Größe mit Industriebetrieben gleichsetzen und entsprechende Auflagen nach sich ziehen soll.

Inflation und Freihandel

Europas oberster Genossenschaftsvertreter, der Cogeca-Präsident Ramon Armengol, ging auf die wirtschaftliche Lage ein. Rekordproduktpreise in manchen Sektoren würden von hohen Betriebsmittelpreisen vielfach wieder aufgefressen. Dazu kam im Vorjahr vor allem im Süden des Kontinents eine Dürre, die die Erträge massiv reduziert hat. Der Spanier brachte auch seine Sorgen rund um die Inflation zum Ausdruck. Diese ist bei Lebensmitteln im europäischen Schnitt mit 16 Prozent so hoch wie zuletzt 1985 und liegt damit weit über der allgemeinen Inflation von rund 9,5 Prozent. "Bisher war das immer umgekehrt." Für viele Menschen werde der Zugang zu Lebensmitteln damit zum Problem. "Wir wollen und müssen aber für alle Märkte und Arten von Kaufkraft produzieren", so Armengol.

Ein großes Thema bleibt auch der internationale Freihandel. "Die EU hat ihre Tore für Produkte aus der Ukraine weit geöffnet. Das hat zu Verzerrungen bei den Preisen geführt", verwies der Cogeca-Präsident auf die Auswirkungen der Zollfreiheit zahlreicher ukrainischer Produkte. Dies gelte es zu überprüfen und dennoch Solidarität zu zeigen.

Das österreichische Genossenschaftswesen ist in der Cogeca durch den ÖRV-Generalsekretär Johannes Rehulka und den Verantwortlichen für Wirtschafts-, Agrar-und Europafragen im Österreichischen Raiffeisenverband, Josef Plank, vertreten.