Unter dem Motto „Stronger together“ luden der Österreichische Raiffeisenverband (ÖRV) und der Österreichische Genossenschaftsverband (ÖGV) im heurigen Internationalen Jahr der Genossenschaften gemeinsam zu einem Kongress in die Wiener Hofburg, der die genossenschaftliche Idee in ihrer Vielfalt und Stärke sichtbar machte.
Mehr als 400 Gäste sind der Einladung von Erwin Hameseder, Generalanwalt des ÖRV, und Peter Haubner, Vorstandsvorsitzender des ÖGV, am 23. Oktober in die Wiener Hofburg gefolgt, um sich über die internationale Bedeutung und Wirtschaftskraft von Genossenschaften auszutauschen, die genossenschaftliche Idee weiterzuentwickeln und mit frischen Ideen in die Zukunft zu tragen. Die hochkarätig besetzte Veranstaltung markierte zugleich den Österreich-Höhepunkt des von der UNO für heuer ausgerufenen Internationalen Jahres der Genossenschaften.
Das vielfältige Programm der von Kristina Inhof moderierten Veranstaltung bot den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zahlreiche Impulse aus der Welt der Genossenschaften. So erklärte ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick, wie man Kooperation erfolgreich auf den Platz bringt, der Arbeitswissenschaftler und Professor an der New Yorker „New School“, Trebor Scholz, brach eine Lanze für digitalen „Platform Cooperativism“ und APA-Chef Clemens Pig hob die Bedeutung unabhängiger genossenschaftlicher Nachrichtenagenturen für die freien Medien hervor. 
Um Genossenschaftsbanken als Zukunftsmodell ging es in einer hochkarätigen Talkrunde mit Vertretern der beiden genossenschaftlichen Bankensektoren, Raiffeisen und Volksbanken. Viel Raum auf dem Podium bekamen auch innovative junge Genossenschaften aus Österreich und dem Ausland. Für ein Aha-Erlebnis sorgte dabei der deutsche Kult-Fußballklub Schalke 04, der neuerdings auf genossenschaftlichen Erfolg setzt. Im Gespräch mit der Genossenschaftsforscherin Theresia Theurl erläuterte der CEO des FC Schalke 04, Matthias Tillmann, die Beweggründe für die Gründung einer Genossenschaft.
Tragende Säulen der Wirtschaft
Für ÖRV-Generalanwalt Hameseder stellte der Genossenschaftskongress ein „starkes Signal“ dar, das die genossenschaftliche Idee in den Mittelpunkt stellte: „Genossenschaften sind tragende Säulen unserer Wirtschaft und wirtschaftlich, gesellschaftlich und sozial von enormer Bedeutung für die Regionen. Sie sind Problemlöser nicht nur in Österreich, sondern weltweit“, betonte der Generalanwalt und untermauerte seine Aussage mit Daten und Fakten: In Österreich gibt es rund 1.800 Genossenschaften in der Hand von drei Millionen Mitgliedern – davon 1.400 bei Raiffeisen mit zwei Millionen Mitgliedern. Weltweit sind über eine Milliarde Menschen Mitglied in einer der rund drei Millionen Genossenschaften. Diese Organisationen bieten 280 Millionen Menschen Beschäftigung – das entspricht etwa zehn Prozent der erwerbstätigen Weltbevölkerung. „Zudem gelten Genossenschaften laut Studien als besonders zukunftsfähig“, hob Hameseder hervor. Gerade bei jungen Menschen stießen genossenschaftliche Grundwerte wie Solidarität, Nachhaltigkeit und demokratische Teilhabe auf große Zustimmung.
"Genossenschaften sind ein Wertegerüst"
ÖGV-Vorstandsvorsitzender Haubner ergänzte: „Wir konnten mit diesem Kongress zeigen, dass die Genossenschaft ein innovatives Wirtschaftskonzept für viele Branchen – vom Bankwesen bis zu Handel und Gewerbe – darstellt.“ Genossenschaften seien aber weit mehr als ein Geschäftsmodell, „sie sind ein Wertegerüst“, so Haubner. 
Als zentrale Botschaft des Kongresses gaben Hameseder und Haubner den Teilnehmern mit: „Genossenschaften sind Zukunft.“ In einer Zeit, in der viele Menschen nach Orientierung, nach Stabilität und nach sinnstiftenden Formen des Wirtschaftens suchen, bieten Genossenschaften eine überzeugende Alternative. „Tragen wir unsere Werte in die Gesellschaft. Damit stärken wir uns für die Zukunft“, so der Appell des Generalanwalts. Haubner rief dazu auf, „offen zu sein für neue Ideen und Mut für Gemeinsamkeit zu haben“.
Bekenntnis zu Stärken mit Vorbildwirkung
Auch Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sieht Genossenschaften als „wesentlichen Bestandteil unseres Wirtschaftssystems und unserer Gesellschaft“, wie er in seinen Eröffnungsworten sagte. Der Gründungsgedanke von Genossenschaften könne nicht aktueller sein: „Dieses klare Bekenntnis zu Leistung, Eigenverantwortung und Selbsthilfe, die Bereitschaft, selbst Verantwortung zu übernehmen und nicht zuerst zu fragen, was kann der Staat oder die Allgemeinheit für mich tun, würde ich mir öfters, auch in der politischen Debatte, wünschen“, so der Minister. Genossenschaften seien ein Gegenmodell zur „All-Inclusive-Mentalität“ und zu so manchem „Susi-Sorglos-Paket“. „Genossenschaften sind ein Erfolgsmodell, ein Vorzeigebeispiel, das es gilt, weiter auszurollen, wie dies bei den Energiegemeinschaften schon passiert“, betonte Hattmannsdorfer. 
Besonders beeindruckt habe ihn aber das „Mindset“, das bei Genossenschaften vorherrsche. Auch in der Republik wäre ein solches Mindset, das sich klar zu unseren Stärken bekennt, notwendig, weiß der Minister. Es brauche „Fleiß, Erfindergeist und Internationalität“, um Österreich wieder leistungs- und wettbewerbsfähig zu machen und um wieder zurück auf die Überholspur zu kommen. „Ich bin daher fest überzeugt von der Genossenschaftsidee als bürgerliche DNA des Wirtschaftens“, so der Wirtschaftsminister.
Andere Blickwinkel auf Genossenschaften
Wie Unternehmen mit strategischem Geschick die Spielregeln für Kooperationen gestalten können, analysierte Stefanie A. Schubert, Professorin für Volkswirtschaftslehre. Kooperation bedeute laut Spieltheorie, unterschiedliche Interessen zu bündeln, um gemeinsame Ziele zu erreichen. „Kooperativ wirtschaften hebt den Erfolg auf ein neues Level – das muss man sich erarbeiten“, so Schubert. Grundlage sei Vertrauen, „nicht nur ein Gefühl, sondern eine Strategie und Voraussetzung für kooperatives Wirtschaften“.
Trebor Scholz, Arbeitswissenschaftler an der „The New School“ in New York, informierte über Plattformgenossenschaften als digitale Alternativen zu Großkonzernen. „Genossenschaften sind kein Relikt, sondern Teil einer digitalen Transformation und können im digitalen Bereich Enormes leisten“, betonte er.
Clemens Pig, CEO der APA und Vizepräsident des ÖGV, forderte ein neues kooperatives Mediensystem in der KI-Ära. Seit 2025 lebe man in einer neuen Kommunikationsordnung, in der synthetische Medien Realität seien. Fake News seien kaum mehr von echten Nachrichten zu unterscheiden. Für Medien bedeute dies eine Zeitenwende, in der nur eine „Allianz der Player“ den Anschluss sichern könne.
Über Innovationskraft im Agrarbereich sprach Georg Sladek, Geschäftsführer des Agro Innovation Lab in der RWA Raiffeisen Ware Austria. Angesichts von Klimawandel, Preisvolatilität und Bürokratie setze man auf neue Technologien. Projekte wie Farmhedge (digitale Düngemittelplattform), Cropshift (Datenanalyse im Pflanzenbau) und digitale Managementlösung zeigen, wie Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger werden kann. „Wir scouten weltweit Start-ups und treiben Pionierarbeit voran“, so Sladek.